Nur was sich zählen lässt, das ist auch wahr ...
aus "Santa Statistika" von Hans-Eckart Wenzel

Hohe Subventionen für Kultur

Das Lichtspielwesen wurde wie alle Kultureinrichtungen in der DDR stark subventioniert. Im Jahr 1988 wurden laut HV-Film-Akten 85,8 Mio. M eingenommen, aber 160,6 Mio. M ausgegeben, was Subventionen in Höhe von 74,8 Mio. M entspricht. Diese Zuschüsse aus dem Staatshaushalt waren mit den Jahren immer mehr angestiegen.

Der durchschnittliche Eintrittspreis für DDR-Kinos betrug 1988 1,01 M und deckte keineswegs die Kosten. Eine Karte wurde laut Akten mit rund einer Mark subventioniert. (Andere Autoren sprechen auch von 2,50 M, geben aber keine Quelle an.) Billige Karten für Landfilm- und Freilichtvorstellungen, Rentner sowie die zahlreichen Kinderveranstaltungen drückten den Durchschnittspreis, so dass er in der "Provinz" niedriger war als in industriell geprägten, dicht besiedelten Regionen. Im Bezirk Gera zum Beispiel kostete Ende der 1980er Jahre der Eintritt für ein normales Kino 2 M, für "Ur- und Erstaufführungstheater mit Dolby-Stereo-Tonsystem" 3 M.

Eintrittskarte aus einer Kino-Blütezeit; Original: Tröger
Eintrittskarte aus einer Kino-Blütezeit; Original: Tröger

Die Entwicklung der Kinobesucherzahlen verlief in beiden deutschen Staaten ähnlich. Bis 1956 bzw. 1957 stiegen sie, dann folgte ein tiefer Sturz. Im Westen lag der Spitzenwert bei 818 Mio. Gästen 1956, sank dann aber auf 102 Mio. 1989. In der DDR zählte man 1950 178 Millionen Zuschauer, 1957 die Rekordzahl von 316 Mio., 1970 nur noch 91 Millionen und 1989 noch 65 Millionen Menschen. Das Abwärtstempo war RGW-Spitze (Wischnewski in: Filmmuseum Potsdam, S. 223). Da der kulturpolitische Auftrag seit 1973 wichtiger war als ökonomische Kennzahlen, behielt man das Besucher-Planziel von 80 Mio. pro Jahr auch in den 1980er Jahren bei und zwang so die Kinomitarbeiter, "sich etwas einfallen zu lassen". Um die Planerfüllungs-Prämien für die schlecht bezahlten Angestellten zu kassieren, waren Zahlenmauscheleien wie die Extra-Abrechnung der Vorfilm-Besucher ("Zusatzprogramme") vorprogrammiert (und bekannt!). Besonders bei Streifen aus sozialistischer Produktion war der Widerspruch zwischen offiziellen Zielsetzungen und Ergebnissen und den realen Zuschauerzahlen offensichtlich (Glaß, S. 65). Weiterhin sorgten organisierte Besuche mit der Schulklasse, dem Studien- oder Arbeitskollektiv und natürlich auch das geringe Angebot an sonstigen Freizeitmöglichkeiten dafür, dass die Ostdeutschen doppelt so oft wie in der Bundesrepublik ins Kino gingen, etwa vier bis fünf Mal im Jahr (Prommer, S. 350–352; Meyen 2003, S. 148/149).

Die Anzahl der Filmtheater und Plätze ging ebenfalls zurück. Hatte es in der DDR 1951 noch 1494 und 1955 1423 Filmtheater gegeben, sank deren Zahl bis Ende der 1960er Jahre auf 864 und pendelte sich bis 1989 auf knapp über 800 ein. Die Zahl der Sitzplätze verringerte sich von rund 563.000 (1955) auf 230.997 (1989). Damit konnte die DDR nicht mit dem Weltstandard mithalten: Auf 1000 Menschen kamen 1985 laut Unesco-Statistik weltweit 22 Kinoplätze, in Industrieländern 46 und europaweit 52, in der DDR jedoch nur 14 Plätze. In der Bundesrepublik waren es 1989 allerdings noch weniger: 9,9.

Tanja Tröger 2004–2013