Die Menschen an Projektor, Tresen und Kassenschalter

Das Lichtspielwesen der DDR war mit 7000 Beschäftigten eine recht personalintensive Branche, weil jeder Handgriff im Kino von einem extra Angestellten ausgeführt wurde und durch die filmische Betreuung von Land- und Fremdspielstellen sehr viele mobile Filmvorführer im Einsatz waren. (Beispielsweise arbeiteten 1989 in der BFD Gera 333 Kollegen, im Bezirk Dresden etwa 700 und im Bezirk Erfurt 560. Die großen BFDen Karl-Marx-Stadt und Halle beschäftigten jeweils rund 800 Menschen.)

Überalterung, niedrige Bezahlung, Nachwuchssorgen

In Plananalysen aller Bezirksfilmdirektionen tauchten vor allem in den letzten 20 Lebensjahren der DDR immer mehr Klagen auf, dass die Mitarbeiterschaft überaltert (1972 etwa waren im DDR-Durchschnitt 10 Prozent der Kino-Beschäftigten im Rentenalter, 25 Prozent (!) zwischen 56 und 65 Jahren alt.), nicht genügend qualifiziert und schlecht bezahlt sei. Wegen der geringen Anziehungskraft, die auch mit mangelnden Erfolgserlebnissen aufgrund sinkender Besucherzahlen zu erklären sei, habe man mit erheblichen Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Vor allem am Ende der 1980er Jahre überstiegen die Abgangs- oft die Zugangszahlen. Die am häufigsten angegebenen Gründe für den Arbeitswechsel waren der Wunsch nach günstigeren Arbeitszeiten, besserer Bezahlung und anderer Tätigkeit sowie Invalidität und der Übergang in die Altersrente.

Schlecht ausgebildet?

Der enorm hohe Altersdurchschnitt und der geringe Bildungsgrad hängen natürlich auch mit den Spezifika der Branche zusammen: Viele Tätigkeiten (Kartenverkauf, Einlass- und Putzdienst, Platzanweiser) wurden durch Rentner verrichtet, die sich noch etwas dazuverdienten. Technisch-handwerkliche Mitarbeiter (Filmvorführer, Heizer, Hausmeister) waren oft schon ihr gesamtes Leben im Lichtspielwesen tätig, somit an die Arbeitszeiten gewöhnt und fachlich höchst kompetent. Durch das in der Jugendzeit der älteren Mitarbeiter andere Bildungssystem waren auch die üblichen Abschlüsse niedriger als zu DDR-Zeiten. Der Aussage des ehemaligen Direktors der Bezirksfilmdirektion Gera, Reinhard Rolle, das Personal sei durch Hoch- oder Fachschulstudium oder Meistertitel "hochqualifiziert" gewesen, kann so pauschal nicht zugestimmt werden. Sie trifft hauptsächlich für technische Kader und jüngere leitende Angestellte zu; ihre Gültigkeit hängt natürlich auch von der Relation ab. Im Vergleich zu vielen heute tätigen, meist nur angelernten Filmvorführern waren allerdings, das ist richtig, die DDR-Kollegen durch Ausbildung im Betrieb oder einen Facharbeiterabschluss wesentlich besser qualifiziert, da sie neben dem reinen "Filmeinlegen" auch noch Kenntnisse in Elektro(tech)nik, Feinmechanik, Optik, Kulturpolitik etc. besaßen.

Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Lichtspielwesen

Den dauerhaften Problemen entsprechend waren Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter immer wieder Thema in Planberichten und zentralen Lichtspiel-Konferenzen. Letzlich existierten in den 1980er Jahren folgende Ausbildungsmöglichkeiten:

--- Filmvorführer-Lehrgänge ohne Berufsabschluss in Verantwortlichkeit der Bezirksfilmdirektionen; Abschluss mit dem Erwerb des "Befähigungsnachweises für Filmvorführer", den es in drei Stufen gab: A für alle Projektorentypen, B für Landfilm (transportable Maschinen), C für 16mm-Projektoren,
--- Ausbildung zum Facharbeiter für Filmwiedergabetechnik an der in den 1950er Jahren gegründeten Zentralen Betriebsschule des Lichtspielwesens (ZBdL) in Langenau (2 Jahre),
--- Ausbildung zum Meister für Filmwiedergabetechnik an der ZBdL (2 Jahre),
--- Erwerb des Abschlusses als fachgeprüfter Filmtheaterleiter, ebenfalls an der ZBdL,
--- Fachschulstudium an der Fachschule für Klubleiter Meißen-Siebeneichen, Fachrichtung Klubleiter-Filmeinsatz (Direkt- oder Fernstudium),
--- Fachschulstudium zum Ingenieur für Filmwiedergabetechnik an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam (3 Jahre Direktstudium),
--- Hochschulstudium Kulturwissenschaft (HU Berlin, KMU Leipzig) oder Filmwissenschaft (HFF Potsdam)
sowie verschiedene Weiterbildungsmaßnahmen auf regionaler und nationaler Ebene.

zum Lichtspielwesen

zum Literaturverzeichnis

Tanja Tröger 2004–2013